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Mühlchen-Streit mit neutralem Vermittler? DE

14. Mai 2007

„Wir geben unser Mühlchen nicht auf“, sagen die Schwimmbadfrauen kämpferisch. Seit 20 Jahren trifft sich die Gruppe älterer Damen zum Schwimmen und Plaudern an dem idyllischen Arheilger Naturbadesee. Dass die Zukunft des Badebetriebs nach Unstimmigkeiten zwischen der Stadt und der Eigentümerfamilie Schey gefährdet ist, sorgt bei den Arheilgerinnen für Traurigkeit und Empörung. „Wir wollen endlich wissen, wie es mit dem Mühlchen weitergeht“, fordern sie und luden am Samstag Badegäste, Eigentümer und Politiker zu einer Versammlung am See ein.

Deutlich machten die rund 40 Stammgäste, dass ihnen der langfristige Erhalt des Badebetriebs eine Herzensangelegenheit ist. Ein Arheilgen ohne Mühlchen können sich die Alteingesessenen kaum vorstellen. „Ich habe hier Schwimmen gelernt, meine Kinder haben hier Schwimmen gelernt und jetzt kommen meine Enkel“, sagte eine Besucherin.
Auch Bürgermeister Wolfgang Glenz bewertet das Mühlchen in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Stadtverordneten Hanno Benz (SPD) als wichtiges Refugium im nördlichen Stadtteil. Ein Problem sei jedoch der jährlich wiederkehrende Algenbefall, der während der Saison immer wieder zu Schließungen geführt hat (wir berichteten).

Um dies künftig zu verhindern und den Badesee grundlegend zu sanieren, fielen Kosten in Höhe von rund 300 000 Euro an, erklärte Liegenschaftsdezernent Dieter Wenzel in Beantwortung einer weiteren Anfrage. Da die Stadt nicht Eigentümer des Mühlchens sei, rechne sich eine solche Investition nur, wenn die Eigentümer gewährleisten, dass das Mühlchen für mindestens 15 Jahre als öffentliche Badeeinrichtung genutzt werden könne. Zu einem solch langfristigen Pachtvertrag war die Familie Schey bisher nicht bereit. Den Vertrag für die diesjährige Saison haben die Besitzer mittlerweile unterzeichnet.
Ruth und Herold Schey werden bei ihrem Eintreffen am Mühlchen-Eingang von der Versammlung mit Applaus empfangen. Auf sie sei bei der vorgeschriebenen Sanierung ihrer denkmalgeschützten Mühle hoher Druck ausgeübt worden. Bei zuständigen Dezernenten seien sie abgeblitzt. „Jetzt antworten wir so, wie uns die Stadt behandelt hat“, erklärten die Mühlchen-Eigentümer bitter. Beim Bau der zwölf Mühlen-Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus hätten sie eine Fülle kostspieliger Auflagen erfüllen müssen, so dass sie trotz der Fördermittel in Höhe von rund einer Million Euro „viel Geld, Kraft und Eigeninitiative“ in die Baumaßnahme gesteckt hätten. Der vorgeschriebene Einbau von Stahlfenstern habe zu Schimmelbildung in manchen Wohnungen und verminderten Mietzahlungen geführt.

Kritik äußerten die Mühlen-Eigentümer auch an der ihnen auferlegten Wegeführung über ihr Grundstück. Immer wieder fielen Nutzer der öffentlichen Wege, die größtenteils mit privaten Mitteln gepflastert worden seien, durch rücksichtsloses Verhalten auf. Als Ärgernis nannte es Ruth Schey, dass eine angrenzende Spielwiese mit Hundekot verdreckt werde und manche Passanten bis in Privatbereiche der Mühlenbewohner eindrängen. Mache die Stadt Zugeständnisse bei weiteren anstehenden Sanierungsmaßnahmen, seien sie grundsätzlich zu einem längerfristigen Pachtvertrag des Mühlchens bereit. Zur Beendigung der Streitigkeiten zwischen den beiden Parteien schlug Brigitte Lindscheid (Grüne) vor, eine neutrale Person als Vermittler einzuschalten.

Zwar äußerten die meisten Mühlchen-Stammgäste Verständnis über die Klagen der Mühlen-Eigentümer, ihre Position in der Mühlchen-Frage stieß jedoch auf Ablehnung. „Der Streit darf nicht auf dem Buckel der Arheilger Bürger ausgetragen werden“, sagte Margret Becker. „Mehr gesunden Menschenverstand“, forderte Gerlinde Weber.
Während der Bademeister am Samstag die Wassertemperatur-Angabe auf der Tafel am Eingang von 17 auf 18 Grad erhöhte, blickte Leni Schmitt wehmütig auf die glitzernde Wasseroberfläche des Badesees. Als Stammgast hofft die alte Dame, die andere Schwimmbäder nur schwer erreichen kann, auf eine einvernehmliche Lösung und das Einleiten von Sanierungsmaßnahmen. Der vergangene heiße Sommer mit den vielen Sperrungen des Mühlchens, sei „der schlimmste ihres Lebens“ gewesen, sagte die Arheilgerin.