Unterstützt wurde er dabei von dem SPD-Landesvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel, der in grundsätzlichen Ausführungen zu Herausforderungen der Zeit und den Antworten seiner Partei darauf eine breite Diskussion über einen neuen Gesellschaftsvertrag forderte, bei der auch geklärt werden sollte, wer dabei welche Rolle habe.
Zunächst aber stand die Kommunalpolitik im Mittelpunkt der gut besuchten Veranstaltung, zu der neben Oberbürgermeister Walter Hoffmann auch einige nicht mehr im Rampenlicht stehende SPD-Politiker gekommen waren. Dazu zählten der frühere Oberbürgermeister Peter Benz, Ex-Bürgermeister Horst Knechtel, der ehemalige Stadtkämmerer Gerd Grünewaldt und die Stadträtin a.D. Cornelia Diekmann.
Bei seinen Ausführungen, ,,wie sich die Stadt in den nächsten zehn, vielleicht zwanzig Jahren entwickeln soll“, kritisierte Hanno Benz in Abwesenheit des erkrankten SPD-Vorsitzenden Wolfgang Glenz, dass sich der Staat zu Lasten der Kommunen stärke, die er ausbluten lasse. Das gehe zu Lasten der Lebensqualität in den Städten.
Der SPD-Politiker, dem Ambitionen auf das Amt von Oberbürgermeister Hoffmann nachgesagt werden, forderte, dem Beispiel anderer Städte wie Köln zu folgen und auch in Darmstadt eine Kulturförderabgabe einzuführen. ,,Wenn Hotelbetriebe durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarz-gelben Bundesregierung subventioniert werden, dann können sie auch einen Beitrag zum Erhalt der Kultur leisten.“ Sie profitierten von einem reichhaltigen Kulturprogramm, von einer abwechslungsreichen Museenlandschaft und einem guten Theaterangebot. Eine solche Abgabe sei besser, als Schwimmbäder und Bibliotheken zu schließen oder Kita-Gebühren zu erhöhen.
Gleichwohl müsse auch nachgedacht werden, welche städtische Leistungen ausgegliedert werden könnten, sagte Hanno Benz und erneuerte seinen Vorschlag, zu prüfen, ob das neue Schwimmzentrum nicht von der HSE übernommen werden könne. Nach einem Lob der Stadtwirtschaft, die entscheidend dazu beigetragen habe, Arbeitsplätze in Darmstadt zu sichern, bezeichnete er gleichwohl die Altersregelungen für den HSE-Vorstand als nicht nachvollziehbar und jedem sozialdemokratischen Verständnis von fairer Vergütung widersprechend.
Zwar habe sich Walter Hoffmann als Vorsitzender des HSE-Aufsichtsrats dafür ausgesprochen, Ruhestandsklauseln künftig anders zu gestalten, doch auch die jetzt bestehende Regelung müsse geändert werden. Entscheidend sei nicht, was branchenüblich, sondern was in der Stadtgesellschaft moralisch vertretbar sei.
Im Gespräch am Rande der Veranstaltung präzisierte er, nach seinen Vorstellungen sollte der Vorstand der Heag Holding einen Kodex erarbeiten, der akzeptable Regeln für die gesamte Stadtwirtschaft enthalte. Unterstützung bekam er darin von SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel, der in Bezug auf Managergehälter von ,,sittenwidrigen Entlohnungen“ sprach.
Eingehend auf die Haushaltssituation (,,auch die Nordostumgehung muss auf den Prüfstand“) forderte Hanno Benz eine Gesamtstrategie für die Stadt und ein Leitbild 2025. Um den sozialdemokratischen Anspruch auf Partizipation an der Gesellschaft für alle realisieren zu können, müssten einerseits die Arbeitsbedingungen verbessert, die Erwerbsmöglichkeiten ausgeweitet werden, andererseits Bildung, Aus- und Fortbildung für alle als Schlüssel für jede vorsorgende integrative Sozialpolitik gewährleistet sein.
Als weitere große Herausforderung nannte er eine lokale Energie- und Klimaschutzpolitik. Hier sei die ,,Solarstadt Darmstadt“ schon weit gekommen. Auch hier pflichtete Thorsten Schäfer-Gümbel bei: ,,Viele in Hessen schauen auf Darmstadt und die HSE, was da gelungen ist.“
Als eine der großen Herausforderungen bezeichnete der SPD-Landesvorsitzende die Bekämpfung der Kinderarmut. Vor zehn Jahren hätten von den 15,6 Millionen 1,1 Millionen in ,,Armutshaushalten gelebt, 2009 seien es von 14 schon 2,6 Millionen gewesen. Nach Prognosen gebe es im Jahr 2030 nur noch zehn Millionen Kinder, davon vier Millionen in ärmlichen Verhältnissen. ,,Es wäre ein gemeinsames Versagen, wenn wir das zulassen“, warnte Thorsten Schäfer-Gümbel, der den Vorsitz in Partei und Fraktion von seiner gescheiterten Vorgängerin Andrea Ypsilanti übernommen hatte.
Freimütig bekannte er, Politik sei ,,wir“, nicht ,,ich“. Die hessische SPD habe da in den vergangenen zwei Jahren einiges erlebt und Lehrgeld gezahlt. Nun gelte es, Vertrauen zurückzugewinnen. Man dürfe auch Fehler benennen. Politik sei die Kunst des handlungsorientierten Kompromisses.
Es klang fast wie ein Appell an den Oberbürgermeister und die örtliche SPD, die derzeit wegen des Vorpreschens von Walter Hoffmann bei der Frage der weiten Amtszeit im Clinch liegen.