Jugendkriminalität und Mindestlohn waren die Themen der Festrednerinnen bei den Neujahrsempfängen der SPD-Eberstadt am Freitag und der Arheilger SPD am Sonntag. In Eberstadt sprach Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, in Arheilgen Bundesentwicklungshilfe-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries widersprach im Eberstädter Ernst-Ludwig-Saal CDU-Ministerpräsident Roland Koch, dem zufolge SPD und Grüne mitverantwortlich für kriminelle Jugendliche seien.
„Wir haben 1998 die Strafandrohung bei schwerer Körperverletzung von zehn auf 15 Jahre hochgesetzt“, erinnerte sie. Aber die Drohung habe wenig bewirkt, denn die Anzahl der gefährlichen und der schweren Körperverletzungen seien dennoch gestiegen. 1997 waren es bundesweit rund 106 000 Fälle, 2006 etwa 150 000.
Auch gegen kriminellen Ausländern seien SPD und Grüne aktiv gewesen fand Zypries. „Wir haben acht neue Ausweisungs-Tatbestände geschaffen.“ Allerdings sei festzuhalten, dass die große Mehrheit der Ausländer rechtstreu sei, betonte Zypries. Sie warf dem Ministerpräsidenten vor, bei der Jugendkriminalität mit zweierlei Maß zu messen. „Ich habe noch nie gehört, dass Herr Koch eine Strafverschärfung gefordert hat, wenn deutsche Jugendliche einen Ausländer zusammengeschlagen haben.“
Besser sei es vorzubeugen. Ausbildung und ein Arbeitsplatz seien „die beste Prävention gegen Kriminalität“, sagte Zypries. Und Kriminalität sei auch nicht von der Nationalität abhängig. „Diejenigen, die sozial abgehängt werden, werden leichter straffällig“, erklärte sie die Zusammenhänge.
Bei der Bestrafung komme es zudem auf Geschwindigkeit ein. „Die Strafe muss auf dem Fuße folgen“, spielte Zypries auf lange hessische Bearbeitungszeiten an. Beispielsweise dauere die Bearbeitung bei schwerem Raub oder Mord in Hessen durchschnittlich acht Monate, im Bundesdurchschnitt dagegen fünfeinhalb Monate. Die Ministerin forderte, „das Ziel muss es sein, einen jugendlichen Täter spätestens nach vier Wochen vor Gericht zu stellen.“ Roland Koch hatte zuvor eingeräumt, dass Jugendstrafverfahren in Hessen zu lange bearbeitet werden.
„Was hat Roland Koch die vergangenen neun Jahre gemacht?“, fragte Landtagskandidatin Dagmar Metzger bei ihrem Grußwort. Und erinnerte an die sogenannte „Operation sichere Zukunft“ der Landesregierung von 2003 bei der 40 Millionen Euro im Sozialetat gestrichen wurden. „Es wurden sämtliche Präventionsmaßnahmen gestrichen“, sagte Metzger. Gesetzesverschärfungen lehnte sie ab.
Bundesentwicklungshilfe-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul kritisiearte am Sonntag ebenfalls die Jugendkriminalitätskampagne Kochs. „Ein unsägliches Muster der Diffamierung und Spaltung“, schimpfte sie. Die Ex-Vorsitzende des SPD-Bezirks Hessen-Süd erinnerte im „Goldnen Löwen“ daran, wie die Werte der SPD nun in Politik umgesetzt würden. „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind die Grundwerte unserer Arbeit.“
Die Ministerin lobte die Mindestlohnkampagne der hessischen SPD. Sie setze damit ein Zeichen bei einer Frage, die jeden aufwühle. „Hessen setzt ein Signal, damit die beeindruckt werden, die das blockieren wollen.“
Landtagskandidat Michael Siebel stellte in Arheilgen seine Position zu den Schlägern aus der Münchner U-Bahn klar. „Ich finde sehr wohl, dass diese ausländischen Jugendlichen eine entsprechende Strafe bekommen sollten.“ Aber anstelle härterer Strafen will Siebel mehr Polizisten in den Stadtteilen. Er erinnerte an positive Erfahrungen mit den Stadtteilpolizisten in Arheilgen und Kranichstein. Die CDU-Regierung hingegen habe Dienststellen aufgelöst. „Koch wird diesen Nachholbedarf aber nicht mehr aufholen“, sagte Siebel und hofft siegessicher auf dessen Abwahl Ende Januar.