(pep). Im Fernsehen wirkt SPD-Generalsekretär Franz Müntefering stattlicher als im Saal des Arheilger Goldnen Löwen, aber seine Haare schmiegen sich genauso kunstvoll um die Ohren. Neunundvierzig Tage, sechs Stunden und 31 Minuten vor Schließung der Wahllokale am 18. März trat er gestern ans Rednerpult, um den Arheilger Sozialdemokraten Glück und Gesundheit zu wünschen – auf dass es ihnen besser ergehe als den Passagieren der Titanic: ‚Gesund warn die alle”, flachste er nach Schröderart, ‚aber man muss halt auch Glück haben.„
Unterhaltsame Elemente, die stets dankbare Lacher ernten, hatte der erfahrene Bundespolitiker in seine Rede ebenso eingestreut wie das Lob der stets im Schatten der Funktionäre stehenden kleinen Leute, ohne die sich in einer Demokratie nichts bewegen würde: der Ehrenamtlichen, der Vereins- und Parteimitglieder – und der Erzieherinnen, die montags die vom Fernsehkonsum überreizten Kleinen wieder auf den Teppich herunterholen müssen. Im Umgang mit der Opposition verwendet Müntefering, ein Gentleman der Rhetorik, die Taktik der Nadelstiche in Nadelstreifen. Er spricht von konservativen Kräften, statt die CDU beim Namen zu nennen, und versteckt seine Kritik an Angela Merkels Verteidigung des zurückgezogenen Schröder- Plakats hinter dem Bedauern, dass ‚die” nun ein Problem mit der Glaubwürdigkeit und Moral ihrer Vorsitzenden haben. Frei vom Pult plaudernd, nahm er sein Publikum auf eine Denkweise mit, galoppierte durch die Geschichte der Sozialdemokratie einschließlich des ‚Willy- Wahlkampfs”, machte Pause bei Erreichtem und streifte Schwerpunkte der SPD-Bundespolitik: mehr Rechte für Arbeitnehmer, mehr Geld für Familien.
Beifall bekam er für die Absicht der SPD, an den Grundschulen ‚ordentliche Betreuungszeiten” zu erreichen, damit die Mütter ihre Berufstätigkeit nicht unterbrechen müssen. Anschaulich war sein Einstieg in das Rententhema: Er machte klar, dass jedes dritte in diesem Jahr geborene Mädchen 100 Jahre alt oder älter werden wird und welche Auswirkung diese Entwicklung auf die soziale Sicherheit hat. ‚Entscheidend ist, das wir den Wohlstand halten und der nachwachsenden Generation Berufschancen geben.„ Die SPD begreift er als Wertepartei in der Zeit des Wandels. ‚Wir müssen aufpassen und die jungen Menschen mit der Informationsflut nicht alleinlassen.„ Alles müsse immer wieder neu erstritten werden, auch die Demokratie. 14 000 rechtsradikale Gewalttätigkeiten im vergangenen Jahr seien eine Herausforderung für alle Demokraten. Die ‚braune Soße” dürfe nie wieder eine Chance haben. Zu Beginn der Veranstaltung hatte Ortsvereinsvorsitzender Hanno Benz die positiven Veränderungen im Stadtteil hervorgehoben und ein uneingeschränktes Nachtflugverbot gefordert.
Der SPD-Spitzenkandidat der Kommunalwahl, Kurt Weidmann, nannte den Wirtschaftsaufschwung Darmstadt ein Verdienst der vorausschauenden SPD-Oberbürgermeister von Ludwig Metzger bis Peter Benz. Er stehe dafür ein, dass die SPD in Darmstadt ihren Wahlkampf mit Argumenten statt Polemik führen werde. Im Anschluss ehrte Müntefering Arheilger treue Parteimitglieder.