Beim diesjährigen Neujahrsempfang am vergangenen Samstag konnte Hanno Benz, der örtliche Partei- und SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtparlament, Gesine Schwan vor gut 130 Arheilger Bürgern mit und ohne sozialdemokratisches Parteibuch begrüßen. Gesine Schwan, Professorin für Politikwissenschaft, politische „Brückenbauerin“ nach Osteuropa und langjähriges Mitglied der SPD-Grundwertekommission wird sich im Mai dieses Jahres in der Bundesversammlung für das Amt des Bundespräsidenten zur Wahl stellen.
Auch zahlreiche politische Prominenz aus Stadt-, Landes- und Bundespolitik kam in den Jugendstil-Saal des Bürgerhauses „Goldener Löwe“ nach Arheilgen. Unter ihnen waren die örtliche Bundestagsabgeordnete, Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, der Landtagsabgeordnete Michael Siebel und Oberbürgermeister Walter Hoffmann. Gemeinsam ehrten sie am Ende der Veranstaltung verdiente Sozialdemokraten für ihre 25- und 40-jährige Parteimitgliedschaft.
Sechs Tage nach dem schlechten Abschneiden der SPD in der Landtagswahl machte Gesine Schwan den Anwesenden Mut zum Neubeginn. Mit Selbstvertrauen, Kompetenz und Wahrhaftigkeit werde es wieder gelingen, die Menschen von der Idee der sozialen Gerechtigkeit zu überzeugen. Gerade vor dem Hintergrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise sei es bedeutsam den gesellschaftlichen Grundkonsens zu erneuern. Der neue US-Präsident Barack Obama sei hierfür ein positives Vorbild.
Finanzkrise kam nicht über Nacht
Die Wirtschafts- und Finanzkrise sei tatsächlich eine kulturelle Krise und nicht über Nacht ausgebrochen: Das gegenwärtige Misstrauen im Bankensektor rühre unter anderem daher, dass die misstrauenden Banker schon lange von sich selbst wissen, dass sie sich nicht vertrauenswürdig verhalten haben, unter Umständen, weil sie sich unter dem Druck der Konkurrenz gezwungen sahen, unvertretbare Geschäfte zu machen. Gesine Schwan mahnte eine neue Wirtschaftsethik an. Transparenz, Kontrolle und demokratische Teilhabe seien auch in einer globalisierten Wirtschaft unumgänglich und eine notwendige Voraussetzung zur Stärkung einer sozialen Marktwirtschaft.
Förderung von Vielfalt statt Auslese
Zweites großes Thema der ehemaligen Präsidentin der Europa-Universität in Frankfurt/Oder war die Bildungspolitik: „Die gegenwärtige Vorherrschaft ökonomischen Denkens und Verhaltens steht den Aufgaben und Chancen demokratischer Bildung entgegen“, führte Schwan aus. Statt frühzeitiger Auslese komme es darauf an, die Vielfalt der Talente zu fördern.
Ihre Kandidatur sei nach dem Ergebnis der hessischen Landtagswahl zwar schwieriger geworden, aussichtslos aber keinesfalls. Die Mehrheit des Amtsinhabers sei angesichts der Gesamtzahl der Stimmen in der Bundesversammlung nur hauchdünn, erklärte Schwan im Gespräch nach dem öffentlichen Auftritt. „Ich werde die Bewerbung um das höchste amt im Staat guten Mutes fortsetzen und weiterhin politische Diskussionen anregen“, so die Kandidatin.
Generelle Steuersenkung stärkt nur die wirtschaftlich Starken
In einem Grußwort machte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries deutlich, dass die SPD im Anti-Krisenprogramm der Bundesregierung den Schwerpunkt auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Verbesserung der Einkommenssituation von Familien mit niedrigen Einkommen, beispielsweise durch die Absenkung der Beiträge zur Krankenversicherung, gelegt hat. „Eine generelle Steuersenkung lehnen wir ab, weil sie nur wenigen wirtschaftlich Starken Vorteile bringt und die Handlungsfähigkeit des Staates schwächt“, so die Ministerin. Angesichts der Tiefe der Wirtschaftskrise betonte sie zugleich, dass heute niemand ein Patentrezept habe und vorhersagen könne, wie und wann die ergriffenen Maßnahmen zu Lösung beitragen werden. „Es gehört zur politischen Redlichkeit dies den Menschen offen und ehrlich zu sagen“, so Brigitte Zypries.
Hanno Benz: Magistrat muss nachbessern
Hanno Benz begrüßte in seiner Eingangsrede den vom Magistrat aufgestellten Plan zur Anmeldung von Sondermitteln aus dem Schulbausanierungsprogramm des Landes. „Je schneller wir die Sanierung der Schulen voranbringen, um so besser“, so Benz. Er forderte jedoch zugleich eine Nachbesserung: Schulen, die eine hohe Integrationsleistung erbringen, müssten vorrangig behandelt und auf die Liste gesetzt werden. Angesichts der Haushaltslage spare die Stadt 2009 mit Augenmaß und investiere zugleich in die Sicherung der Lebensqualität und weitere wirtschaftliche Entwicklung. Hierzu zählte Benz vor allem den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze, für die sich die SPD stark gemacht habe.