In China steht die Farbe Rot traditionell für Freude und Glück. Bedenkt man die Zahl der roten Rosen, roten Krawatten, roten Damenoberteile, roten Tischdecken und roten Servietten, die an diesem Neujahrsempfang des Arheilger SPD-Ortsvereins auffallen, demonstrieren die Sozialdemokraten sechs Tage nach dem Landtagswahldesaster eine gehörige Portion Frohsinn. Jedenfalls lassen sie sich an diesem Samstagabend im Goldenen Löwen nicht anmerken, in welcher Krise sie stecken.
„Das Wahlergebnis ist auf Bundesebene schon verdaut“, sagt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). In Hessen brauche man dafür aber noch ein bisschen. „Es war eine Quittung für eigene Fehler“, räumt sie ein. Doch für die anstehende Europa- und Bundestagswahl sei man gut aufgestellt.
Kreativität und Naivität
Klar, jetzt heißt es, nach vorne blicken. Deshalb ist der SPD-Fraktionschef in der Stadtverordnetenversammlung Hanno Benz auch stolz darauf, erstmals in Arheilgen ein „zukünftiges Staatsoberhaupt“ begrüßen zu dürfen. Gesine Schwan, Kandidatin der SPD für das Amt des Bundespräsidenten, im grün-karierten Blazer, legt dann auch los.
In ihrer Rede über Vertrauensbildung, Ökonomie und Bildung macht sie den Genossen Mut für den Neuanfang. „Immer wieder neu beginnen zu können, ist eine grundlegende Fähigkeit des Menschen“, sagt sie und erntet heftigen Beifall. Kreativität sei dafür notwendig und auch ein stückweit Naivität. Siehe Beispiel USA.
Ohne Manuskript und scheinbar ohne Luft zu holen, spannt sie den Bogen von der Wirtschaftskrise zum „geistigen Mitläufertum“ einer Gesellschaft, die sich nicht länger als Anhängsel einer ökonomischen Dynamik verstehen dürfe“ und redet ausgiebig über Vertrauensbildung von Personen und Institutionen.
Vertrauen könne eine Person nur aufbauen, wenn sie die Maxime der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit einhalte. Also nicht in verschiedenen Kreisen und zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Aussagen treffe. „Zuverlässig und kompetent“ müsse man sein. Eine Anspielung auf Andrea Ypsilanti? Nein, sagt Schwan hinterher der FR. Im übrigen hätte sie aber Ypsilanti geraten, in die Opposition zu gehen „Sie hätte nichts riskieren müssen.“
Schwan erntet tosenden Beifall. „Wenn die Bundesversammlung in Arheilgen stattfinden würde, wäre ihre Wahl sicher“, verkündet Benz denn auch. Eine Rede sei es gewesen, die sich „deutlich von Karnevalsveranstaltungen unterschieden“ habe, die hier schon stattgefunden hätten, so Benz.
Auch der Barmann hinter der Theke ist begeistert. Er schätzt, etwa 20 Prozent mehr Genossen als sonst seien zu diesem Neujahrsempfang gekommen. Klar, das liege an Frau Schwan.
Dann folgt die traditionelle Ehrung der Jubilare. Mit dabei ist Sascha Held, der als neuestes Mitglied gelobt wird. Schließlich gehöre schon Mut dazu, in diesen Zeiten in die SPD einzutreten, spaßt Benz. Der 26-jährige Held trat vergangenen Monat in die SPD ein. Warum? „Gerade in der Krise braucht man Menschen, die den Karren aus dem Dreck ziehen.“