Kommt sie oder kommt sie nicht? Beim Neujahrsempfang der Arheilger SPD am Freitagabend lag Spannung in der Luft. Ob die Festrednerin, die stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD und Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul, wie angekündigt im „Goldnen Löwen” auftreten und Parteimitglieder ehren würde, schien fraglich. Dicker Nebel hatte in Berlin den Flugverkehr durcheinander gebracht und auch den Start der Maschine mit der Ministerin an Bord verzögert. Als Wieczorek-Zeul in Arheilgen bereits am Rednerpult stehen sollte, war ihr Flugzeug in der Hauptstadt gerade erst gestartet. Manche Parteigenossen vermuteten deshalb: „Das wird nix mehr.„ Auch die Polizeibeamten des Zweiten Reviers, die zum Schutz der prominenten Politikerin im Einsatz waren, warteten im Foyer des „Löwen” skeptisch auf die Ankunft der ministerlichen Limousine. Kurz vor 19 Uhr atmete Ortsvereinsvorsitzender Hanno Benz dann auf. Heidemarie Wieczorek-Zeul war in Frankfurt gelandet und rund zwanzig Minuten später begrüßte sie im „Löwen” die Genossen.
Für die Sozialdemokraten war der Neujahrsempfang ein wichtiger Termin. Er markierte den Auftakt der Jubiläumsfeiern zum hundertfünfundzwanzigjährigen Bestehen des Ortsvereins Arheilgen. In der damals noch selbstständigen Gemeinde gründeten Anhänger der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands im Jahr 1878 einen Arbeiterbildungsverein. Sie schufen im Ort damit die organisatorische Keimzelle der Sozialdemokratischen Partei, die diesen Namen in Arheilgen wegen der politischen Unterdrückung im Kaiserreich erst seit 1903 trägt.
Mit Parteigeschichte beschäftigte sich Wieczorek-Zeul jedoch nicht. In ihrer Rede stellte sie die Irak-Krise als beherrschendes Thema in den Vordergrund. „Wir halten einen Krieg für eine völlig falsche Weichenstellung”, sagte die Ministerin. Er werde eine „humanitäre Katastrophe” sein und immense Kosten verursachen. Der Frieden solle nicht durch einen Militärschlag, sondern „durch Entwaffnung” gesichert werden, forderte sie, und verwies auf die Arbeit der Waffeninspektoren. Im Nahen Osten sei nicht mehr, sondern weniger Gewalt nötig, nach einer politischen Lösung müsse gesucht werden. Die Position der SPD zur Irak-Krise sei „glasklar“: „Wir wollen, dass dieser Krieg nicht kommt.„ Eine militärische und finanzielle Beteiligung lehne sie ab. Anerkennende Worte fand die Ministerin für die vieljährigen Parteimitglieder der SPD und die ehrenamtliche politische Arbeit in den Vereinen. Sie sei ein „Stück Beitrag zur Demokratie.„ Oberbürgermeister Peter Benz, der 1962 in seinem Heimatstadtteil Arheilgen in die SPD eingetreten ist, lobte sie als „kontinuierlichen Menschen”. Er sei während seiner vierzigjährigen Parteimitgliedschaft immer der Kommunalpolitik treu geblieben.
Lokal- und landespolitische Themen, wie die Einkaufssituation in Arheilgen, die Umgestaltung des Ortskerns, die Forderung nach einem Nachtflugverbot und die Bildungspolitik hatten zuvor Ortsvereinsvorsitzender Hanno Benz, der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Darmstädter SPD, Wolfgang Glenz, und Landtagsabgeordneter Michael Siebel angesprochen. Mit Liedern der Arbeiterbewegung erinnerten Hans-Willi Ohl und Edgar Illert an die Geschichte der Sozialdemokratie. Für 50 Jahre Parteimitgliedschaft ehrte die SPD Heinrich Mayer, Richard Gleichauf und Peter Bernet, Darmstadts ehemaligen Polizeipräsidenten. Für ihre 40 Jahre Mitgliedschaft wurden Peter Benz, Ludwig Gehron, Michael Jeder, Karl-Heinz Kunz, Hans Werner Lawrenz, Claus-Jürgen Mampel, Andreas Weber und Horst-Adalbert Härter ausgezeichnet. Vor 25 Jahren traten Hans Keil, Christa Schreiber-Büchler und Helga Spielmann-Grün in die SPD ein.